Die Stadt Stettin (Szczecin) liegt im Nordwestens Polens und ist von Berlin aus mit dem Zug in etwa...
Der Umgang mit NS-Bunkern sorgte in Berlin immer wieder für politischen Zündstoff.
Es fing alles mit einer Frage an: Während einer Tour zum Thema „Archäologie in Berlin“ erwähnte einer unserer Referenten, dass es in Berlin auch mittelalterliche Pestgruben gäbe. Daraufhin fragte ein Teilnehmer, ob diese nicht gefährlich wären. Warum? Weil es doch möglich wäre, dass die Erreger „dort unten“ inmitten der Toten noch existieren könnten. DNS wäre doch sehr haltbar, man hätte selbst in uralten Mammuts noch intaktes Erbgut gefunden. Demnach wäre es doch auch möglich, dass diese Erreger wieder ausbrechen könnten ... wenn man zum Beispiel bei Bauarbeiten auf eine Pestgrube stoßen würde. Hier könnte es sich doch um eine „tödliche Bedrohung“ handeln. Hm! Unser Referent überlegte kurz, kratzte sich am Kopf und erwiderte dann: „Haben Sie noch eine andere Frage im Angebot?“
Nach der Tour hatte er dann Gelegenheit, über dieses Thema in Ruhe nachzudenken. Er erinnerte sich daran, vor einiger Zeit gelesen zu haben, dass bei einer Bergung alter Pestleichen in Großbritannien spezielle Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden mussten. Und hatte man nicht auch irgendwo Särge geöffnet, um die mysteriösen Grippeviren zu finden, die kurz nach dem Ersten Weltkrieg über 20 Millionen Menschen töteten? Angesichts der Tatsache, dass die Pest allein zwischen 1346 und 1350 ein Drittel der europäischen Bevölkerung hinwegraffte, wäre der erneute Ausbruch dieser Seuche ein wahrhaft apokalyptisches Szenario. Und sicher schlummert im Berliner Boden noch die eine oder andere Pestgrube, die nur darauf wartet, von nichtsahnenden Bauarbeitern geöffnet zu werden. Kurzum: Es war Zeit, die Experten zu konsultieren!
Die erste Antwort kam von Professor Dr. Alfred Metzler, der für das Virologische Institut der Universität Zürich tätig ist. Er schrieb: „Die Pest wird durch ein Bakterium (Yersinia pestis) und nicht durch ein Virus verursacht. Dass die Pest bei Bauarbeiten im Bereich von Pestfriedhöfen eine Gefahr darstellen könnt, ist recht unwahrscheinlich, da die Erreger trotz einiger Resistenz nicht über Jahre hinweg lebensfähig bleiben. Anders sieht es beim Erreger des Milzbrandes aus (Bacillus anthracis). Dieses Bakterium kann die Form von äußerst resistenten Sporen annehmen, die im Boden tatsächlich über Jahrzehnte hinweg lebensfähig bleiben. Allerdings ist die diesbezügliche Gefahr nicht aktuell.“
So sah es auch Professor Dr. Walter Koller, der Leiter der Klinischen Abteilung für Krankenhaushygiene im Allgemeinen Krankenhaus der Stadt Wien: „Pesterreger sind Bakterien und keine Viren und haben in der Umwelt nur begrenzte Überlebensfähigkeit. Auch für Viren wäre ein Überleben in infektionstüchtiger Form höchst unwahrscheinlich, noch viel mehr gilt dies aber für Bakterien. Daher kann Ihre Frage verneint werden, zumindest was die Pest vor mehreren Jahrhunderten bedeutet.“
Um diese Informationen kurz zu ergänzen: Viren sind keine eigenständigen Lebewesen, sie bestehen nur aus dem genetischen Material DNS bzw. RNS, das bei vielen Viren von einer schützenden Hülle umgeben ist. Sie können sich deswegen auch nicht selbst vermehren, sondern müssen dafür in „Wirtszellen“ eindringen, die die Reproduktion des Virus übernehmen (oft mit tödlicher Wirkung für die Wirtszelle – deswegen sind Viren auch so gefährlich). Da Viren also nur „totes Material“ sind, halten sie sich weitaus länger als die sterblichen Bakterien.
Danach schickte unser Referent pflichtbewusst per E-Mail eine Entwarnung an den Teilnehmer des Archäologie-Rundganges: Es würde sich keine „tödliche Bedrohung“ im Untergrund befinden! Am Ende bleibt dann nur noch die Frage, warum Hollywood dieses Thema noch nicht entdeckt hat. Schließlich könnte daraus ein lukrativer Blockbuster entstehen, dessen Handlung etwa folgendermaßen aussehen würde:
Osama bin Laden ist frustriert! Seine Versuche, die USA mit einer verheerenden Epidemie zu überziehen, sind kläglich gescheitert: Das einzige Opfer war bis jetzt sein neuer Laborant, der das Reagenzglas mit den mühselig eingesammelten Milzbrand-Sporen auf den Boden fallen ließ und wenige Tage später unter entsetzlichen Qualen verstarb. Auch der Versuch, im afrikanischen Dschungel das tödliche Ebola-Virus aufzutreiben, führte nur zum spurlosen Verschwinden dreier erfahrener Gotteskrieger. Bei seinem allwöchentlichen Kaffeeklatsch mit Vertretern der nordkoreanischen Regierung und des iranischen Geheimdienstes wird Osama geraten, es doch mal mit der Pest zu versuchen. Führende nordkoreanische Forscher hätten nämlich gerade erfolgreich ein neues Verfahren erprobt, aus genetischen Bruchstücken alter Erreger funktionstüchtige neue Exemplare herzustellen.
Die Verschwörung nimmt ihren Lauf: Wenige Wochen später tauchen drei als indische Archäologen getarnte Nordkoreaner bei der Ausgrabung einer Pestgrube in London auf. Mit Hilfe eines raffinierten Ablenkungsmanövers lassen sie einige Schädel und Knochen dezent verschwinden. Dann fliegen sie mit ihrer Beute nach Pjöngjang zurück und machen sich ans Werk. Drei Monate später bricht in New York die Mutter aller Seuchen aus, die innerhalb einer Woche 50 000 Menschen tötet. Dann kommt Bruce Willis, tötet die Nordkoreaner, die sich vor Ort in einem verlassenen Tunnel versteckt haben, springt mit einem Fallschirm über Pjöngjang ab, zerstört dort das teuflische Labor, stürzt dabei auch die nordkoreanische Regierung, findet blitzschnell ein Serum gegen das Virus, rettet so die Welt und küsst schließlich die amerikanische Flagge, während hunderttausend gerettete Amerikaner und befreite Nordkoreaner ihm mit Tränen in den Augen zujubeln ... die Rückkehr der Pest hat ein glückliches Ende gefunden!
Juni 2007