Die deutschen Bunker aus dem Zweiten Weltkrieg, welche nach wie vor in vielen Städten zu sehen...
unter hamburg e.V. dokumentiert den Abriss eines
Röhrenbunkers in Hamburg
Ein unbekannter Tunnel Hamburgs liegt zwischen Alster und Bleichenfleet. Wir haben ihn dokumentiert.
(von Kathleen Marowsky)
Die Begriffe „Untergrund", bzw. im Besonderen auch „Unterwelt" umfasst nicht nur reine Bauwerke, sondern in einer erweiterten Sichtweise auch Strukturen, die nicht direkt im Licht der Öffentlichkeit stehen. Hier soll nun der Hintergrund einer politischen Widerstandsgruppe im „Dritten Reich" und deren Tätigkeit gegen die nationalsozialistische Diktatur beleuchtet werden.
Am 30. Januar 1933 wurde Adolf Hitler vom Reichspräsidenten Paul von Hindenburg zum Reichskanzler ernannt. Am selben Tag erschallten aus allen Mikrophonen der Rundfunkanstalten des Deutschen Reiches die triumphierenden Worte des Propagandaministers der NSDAP, Dr. Joseph Goebbels: „Das, was wir unten erleben, diese Tausende und Tausende und Zehntausende von Menschen, die in einem sinnlosen Taumel von Jubel und Begeisterung der neuen Staatsführung entgegen rufen, - das ist wirklich die Erfüllung unseres geheimsten Wunsches, das ist die Krönung unserer Arbeit. Man kann mit Fug und Recht sagen: Deutschland ist am Erwachen!" Die inszenierte Darstellung der Begeisterung und des Triumphes stellte den Anfang weiterer Staatsschauspiele unter der Regie von Goebbels dar und den Beginn der Legende von der nationalen Revolution, von der „Machtergreifung" Hitlers. (1)
Dieser besaß aber zunächst nicht die Mehrheit im Reichstag, in Folge dessen er nur auf der Basis des Notverordnungsrechtes des Reichspräsidenten (2) agieren konnte. Nach den Reichstagswahlen am 5. März 1933 verfügte die NSDAP und ihre Verbündeten, die Kampffront Schwarz-Weiß-Rot (3) über 51,9% der Wählerstimmen, in Hamburg erzielte dieses Bündnis 46,8 %.
Daher einigte man sich in Hamburg schnell auf den Aufbau des neuen Senats, sechs von zwölf Senatoren gehörten demnach der NSDAP an, vier der Deutschnationalen Volkspartei (DNVP), je einer der Deutschen Volkspartei (DVP) und der Deutschen Staatspartei (DStP). Als am 8. März 1933 die Bürgerschaft zusammentrat, um über die neue Zusammensetzung zu entscheiden, „versuchten die Sieger des Machtkampfes noch Normalität und Kontinuität vorzutäuschen." (4) Aber mit der Wahl der NSDAP in den Senat wurde auch in Hamburg die Weimarer Republik endgültig zu Grabe getragen. Bereits ein halbes Jahr später stand die Hamburger Bürgerschaft vor ihrer Auflösung und die NSDAP regierte als alleinige Partei.(5) Während sich der große Teil der Bevölkerung in das neue System und in die neue Volksgemeinschaft einfügte, entweder weil sie sich durch Propaganda und Versprechen haben verleiten lassen oder mit den Errungenschaften und der Ideologie des NS – Systems einhergingen, gab es wenige, die den Verlockungen mit Vorbehalten und Misstrauen begegneten und einige, die gegen den Terror und die Unterdrückung der menschenverachtenden Diktatur Widerstand leisteten. (6) Zu jenen gehörten insbesondere die Kommunisten. Schon vor der Machtübernahme der NSDAP 1933 kam es zu schweren Auseinandersetzungen zwischen den Mitgliedern der KPD und der SA. (7) Die schwerste und blutigste Konfrontation fand am 17. Juni 1932 in Altona, Hamburgs preußischer Nachbarstadt statt. Dieser Straßenschlacht, die als „Altonaer Blutsonntag" in die Geschichte einging, fielen 16 überwiegend unbeteiligte Zivilisten zum Opfer. Außerdem forderte sie etliche Schwerverletzte. (8)
Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme Hitlers wurden die Kommunisten mit einer massiven Verfolgung konfrontiert. Den Brand des Reichstages am 27. Februar 1933 zogen die Nationalsozialisten als Vorwand heran, um eine große Verhaftungswelle gegen die kommunistische Partei und ihre Funktionäre in Gang zu setzen. Auf Grundlage der Verordnung „zum Schutz von Volk und Staat" wurden allein in Hamburg bis Juli 1933 ca. 2400 Kommunisten verhaftet. Darunter befanden sich auch führende Persönlichkeiten der Hamburger KPD wie Etkar André, Erich Klann, Friedrich Lux und Anton Saefkow. (9) Ein Teil der in „Schutzhaft" überführten Kommunisten wurde in den 30er Jahren wieder freigelassen, andere wurden von der Gestapo in die Konzentrationslager eingewiesen, einige aber unter Anklage wegen „Vorbereitung zum Hochverrat" gestellt und zum Tode verurteilt. (10) Obwohl sich viele der nicht verhafteten Mitglieder der KPD bemühten die Widerstandsarbeit in der Illegalität fortzusetzen, gelang es der Gestapo durch umfangreiche Verhaftungsaktionen und massive Verfolgungsmaßnahmen die Organisationsstrukturen der KPD in Hamburg bis 1936 endgültig zu zerstören. Einige Gruppen konnten ihre Arbeit fortführen, doch gelang ein Wiederaufbau des kommunistischen Widerstandes erst wieder während des Krieges. (11)
Zwischen 1937 und 1939 wurden einige politische Häftlinge nach langjähriger Haft aus dem Konzentrationslager Sachsenhausen entlassen. Darunter befanden sich die Hamburger Kommunisten Bernhard Bästlein, Franz Jacob, Robert Abshagen und Gustav Bruhn. (12) Nach ihrer Freilassung nahmen diese Kontakt zu Antifaschisten und anderen Mitgliedern der KPD auf, die bereits eigenständig illegale Zirkel und Gruppen in Hamburg gegründet und aufgebaut hatten. (13)
Die Arbeit der Kommunisten in Hamburg begrenzte sich bis 1941 im Wesentlichen auf die Organisation von Versammlungen und die Schulung durch Materialen und Diskussionen, in deren Mittelpunkt die Erörterung der politischen Lage stand. Als Versammlungsort diente das Atelier über dem Restaurant „Tusculum" am Rödingsmarkt.(14) Robert Abshagen, Hein Bretschneider und Hans Christoffers - alle drei zur gleichen Zeit aus dem KZ Sachsenhausen entlassen - hatten in dem selben Betrieb eine gemeinsame Arbeit gefunden und machten dort schon früh durch antinationalsozialistische Propaganda auf sich aufmerksam. (15)
Obwohl schon Anfang 1941 von Seiten Franz Jacobs darauf gedrängt wurde, die Organisationsstrukturen weiter zu festigen und eine Widerstandsgruppe aufzubauen, fand seine Forderung innerhalb der Organisation keine Resonanz. (16) Erst nach Beginn des deutschen Überfalls auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941 und der damit veränderten außenpolitischen Lage begann sich ein Wandel bei den Kommunisten in Hamburg zu vollziehen. Die illegale Arbeit wurde ausgeweitet und die Zusammenführung der Kommunisten vorangetrieben. Anfang Dezember 1941 fand in der Wohnung von Robert Abshagen eine Zusammenkunft statt, die Ursula Puls als die konstituierende Sitzung der Hamburger Leitung und den Beginn der eigentlichen Widerstandstätigkeit ansieht. (17) Diese endete damit, dass Bernhard Bästlein mit der Fertigstellung der Ausarbeitung einer Konzeption für die Widerstandsorganisation beauftragt wurde. Unterstützung erhielt er dabei von Wilhelm Guddorf, (18) Mitglied einer Berliner Widerstandsgruppe. (19)
Der Aufbau der Bästlein-Jacobs-Abshagen Gruppe vollzog sich von „oben" nach „unten". Zu den führenden Köpfen gehörten Bernhard Bästlein, der die Position des politischen Leiters übernahm, der Flensburger KPD – Unterbezirksleiter Oskar Reincke, der als Organisationsleiter innerhalb der Gruppe tätig war und zunächst Robert Abshagen, später Franz Jacob als Verantwortlicher für Agitation und Propaganda.
Unterhalb des „Dreierkopfes" befanden sich die Industriegruppenleitungen. Die Industriegruppen „Werften" und „Metall", deren Aufsicht Walter Bohne und Gustav Bruhn übernommen hatten, bildeten einen besonderen Schwerpunkt. Als Ansprechpartner für die Industriegruppenleitungen stand innerhalb des „Dreierkopfes" der Organisationsleiter Reincke zur Verfügung. In der Planung war weiterhin der Aufbau der Industriegruppen „Verkehr und lebenswichtige Betriebe", „Hafen", „Chemie" und „Holz" vorgesehen. Darüber hinaus hatte sich die Organisation zum Ziel gesetzt, innerhalb der Industriegruppen umfangreiche Betriebszellen einzurichten. Die größte Gruppe befand sich auf den Werften von Blohm und Voss, mit Kontakten zu über 100 Belegschaftsangehörigen. Daneben konnten nur kleine Betriebszellen mit einigen wenigen Mitgliedern und einer Reihe von Einzelvertrauensleuten gegründet werden. (20) Zwischen den einzelnen Ebenen hatte nur eine Person – der Verbindungsmann – Kontakt zur nächst höheren Ebene. Dadurch sollte gewährleistet werden, dass bei einer Verhaftung auch nur Aussagen über diese eine Person gemacht werden konnten und die anderen Mitglieder der Gruppe geschützt blieben. Im Laufe der Widerstandsarbeit hat sich aber gezeigt, dass dieses Prinzip nicht umgesetzt werden konnte, da unter den alten Kommunisten zu viele Kontakte aus der Zeit vor 1933 bestanden.
Um neue Mitglieder für die Organisation anwerben zu können, nutzten vor allem die Führungspersonen ihre umfangreichen Kontakte aus der Zeit der kommunistischen Arbeit vor 1933.
In der Hochphase der Widerstandsarbeit der Organisation belief sich die Mitgliederzahl auf ca. 300 Widerstandskämpfer, die sowohl aus der Arbeiterschaft, aber auch vereinzelt aus dem sozialdemokratischen Milieu stammten. Darüber hinaus waren eine Reihe von Angestellten und Lehrern in der Organisation tätig. Innerhalb der Gruppe dominierten die Jahrgänge der 30. – 40. Jährigen, von denen sich der große Teil bereits vor 1933 in der KPD engagiert hatte und nach der „Machtergreifung" Hitlers von nationalsozialistischen Verfolgungsmaßnahmen betroffen war. Auch waren viele dieser Mitglieder in Untersuchungshaft bzw. im Konzentrationslager festgehalten worden. (21)
Robert Abshagen (12.1.1911 – 10.7.1944) Mitglied des Dreierkopfes | Franz Jacob (9.8.1906 - 18.9.1944) Mitglied des Dreierkopfes |
Die Widerstandsaktivitäten der Bästlein-Jacobs-Abshagen Gruppe waren sehr vielfältig. Sie erstreckten sich sowohl auf die Betriebe und Werften innerhalb der Hansestadt, als auch auf andere Orte im Deutschen Reich. Insgesamt betrachtet ist es bemerkenswert, dass bei der Vielzahl der Aktivitäten das Verhalten der Widerstandsgruppe sehr zurückhaltend ausfiel, da sie große Aufmerksamkeiten mied, indem sie keine regelmäßig erscheinende Zeitschrift herausgab und bei etwaigen Sabotageakten besondere Vorsicht walten ließ.
Die Widerstandsaktivitäten selbst konzentrierten sich dabei vor allem auf die Großbetriebe. Im Mittelpunkt standen dabei die Hamburger Werften. Zu den Aufgaben der Betriebszellen und deren Leitern innerhalb der Werften gehörten unter anderem die antinationalsozialistische Aufklärung und Propaganda, Sabotagetätigkeiten und die Unterstützung von Zwangsarbeitern. (22)
Die meisten Anhänger zählte die nordwestdeutsche Widerstandsorganisation auf den Großwerften Howaldts Werke AG und Blohm & Voss. Zwar gestaltete sich die Arbeit teilweise schwierig, da auch auf den Werften die Kontrollinstrumente des NS-Regimes – Abwehrbeauftragte, Werkschutz und DAF – funktionierten, doch konnten die Mitglieder der Widerstandsgruppe einige Erfolge verbuchen. „So landeten bei Arbeitern auf den Schwimmdocks von Blohm & Voss viele E – Schweißgeräte, Sauerstofflaschen und E-Schweißgeräte, die nur neu zu beschaffen waren, in der Elbe. Es gab unerklärliche Kurzschlüsse, bei bestimmten Winden fehlten stets die gleichen Halteschrauben und mehrfach wurde Sand in Schiffsgetrieben festgestellt." (23)
Darüber hinaus setzte sich die Gruppe auch für eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen ein, wozu vor allem der Kampf gegen „Überstunden, Sonntags- und Akkordarbeit, Lohnabzüge aller Art und gegen den Luftschutzdienst in den Betrieben gehörte." (24)
Ähnliche Widerstandsaktivitäten wie auf den Werften wurden auch in vielen Metallbetrieben und anderen Industriegruppen entwickelt, konnten aber auf Grund der geringen Zahl an Vertrauensleuten in diesen Bereichen nicht immer umgesetzt werden.
Einen wichtigen Bereich innerhalb der Widerstandsarbeit stellte die Unterstützung der Zwangsarbeiter und Kriegsgefangenen dar, die unter anderem durch die Arbeit auf den Werften und in den Betrieben und den damit verbundenen direkten Kontakt zu den Zwangsarbeitern und Kriegsgefangenen gewährleistet werden konnte.
Auf den Hamburger Werften wurden vor allem Franzosen, Polen und Niederländer eingesetzt. „Nach der nationalsozialistischen Rassenideologie standen die „Ostarbeiter" auf der untersten Stufe der Hierarchie der Nationalsozialisten. Damit wurde die Grundlage der Behandlung dieser Kategorie von Zwangsarbeitern definiert. Sie wurden zu härtesten Arbeiten bei schlechtmöglichster Behandlung und Unterbringung eingesetzt." (25) „Auf Grund der Knappheit an Arbeitskräften, griff die Hamburger Werftindustrie bereits sehr früh auf ausländische Arbeitskräfte zurück. Wie auch Bremen und Kiel galt Hamburg als ‚Luftschutzort I. Kategorie’, so dass die kriegswichtigen Betriebe, insbesondere die Werften, gegen alliierte Luftangriffe zu schützen waren. Hierzu wurden auch in Hamburg U-Boot-Bunker durch die O.T.-‚Einsatzgruppe West’ errichtet, wobei diese Basen gleichzeitig Soldaten und Angestellten der Kriegsmarine sowie Hafenarbeitern als Luftschutzbunker dienen sollten. Dazu gehörten im Hamburger Hafen die beiden Bunker ‚Fink II’ und ‚Elbe II’. Ersterer wurde von Anfang 1941 bis Oktober d.J. bei der Deutschen Werft gebaut, der zweite von Winter 1941/1942 bis Oktober d.J. bei den Howaldtswerken am Europakai." (26)
Die Widerstandskämpfer versuchten die Situation für die Kriegsgefangenen und Zwangsarbeiter durch Solidaritätsaktionen, in Form von Beschaffung von besserer Kleidung und gesünderen Lebensmitteln, zu erleichtern. Einige Widerstandskämpfer bemühten sich aber auch innerhalb der Lager, in denen die Zwangsarbeiter und Kriegsgefangenen untergebracht waren, Hilfe zu leisten. Hans Christoffers wurde im Herbst 1941 nach seiner Einberufung durch die Wehrmacht und nach einer militärischen Ausbildung nach Wietzendorf in der Lüneburger Heide, wo eines der ersten Lager für sowjetische Kriegsgefangene im Reichsgebiet errichtet wurde, versetzt. Dieses Lager verfügte weder über geeignete Unterkünfte noch über eine menschenwürdige Verpflegung. Die sowjetischen Kriegsgefangenen waren gezwungen unter Zeltplanen und in Erdlöchern zu hausen.(27) Christoffers bemühte sich durch Lebensmittelzuwendungen und Versorgung der Erkrankten die Bedingungen für die Gefangenen zu verbessern. Als nach kurzer Zeit eine Flecktyphus Epidemie ausbrach, erkrankte auch er daran und verstarb am 1.1.1942. (28)
Neben der Sabotagetätigkeit und der Unterstützung von ausländischen Arbeitern gab die Gruppe auch Schriften heraus, in denen ein sozialistisches Deutschland an der Seite der Sowjetunion forciert wurde, allerdings nur innerhalb der Organisation, um die Widerstandskämpfer nicht in Gefahr zu bringen. Eine Ausnahme stellt das Flugblatt mit dem Titel „Hitlers Niederlage ist nicht unsere Forderung, sondern unserer Sieg! Nieder mit dem Krieg der Faschisten" dar. In diesem formulierte die Gruppe ihre Forderung nach einem schnellen Ende des Krieges und rief zur Störung der Kriegsführung auf. Dieses Flugblatt war insbesondere an die Bauarbeiter, die im Frühjahr 1942 zwangsweise bei Bauvorhaben der „Organisation Todt" – v.a. im Bau von Luftschutzanlagen – eingesetzt wurden, gerichtet. (29)
Die Bästlein-Jacobs-Abshagen Gruppe hatte Kontakt zu weiteren Widerstandsgruppen in anderen norddeutschen Hafenstädten und nach Berlin. Die wichtigsten Verbindungen gingen nach Berlin, zur Widerstandsgruppe um Arvid Harnack und Harro Schulze-Boysen.
In Berlin hatte die Gestapo seit dem Spätsommer 1943 eine Verhaftungskampagne gegen dort tätige Widerstandsgruppen begonnen, in deren Verlauf auch die Verbindungen nach Hamburg aufgedeckt wurden. Dies hatte zur Folge, dass auch in Hamburg eine massive Verhaftungswelle einsetzte, im Laufe derer auch Mitglieder der Bästlein-Jacobs-Abshagen Gruppe gefasst wurden, darunter Gustav Bruhn und seine Ehefrau, Robert Abshagen und Walter Bohne. Franz Jacob konnte nach Berlin flüchten und dort gemeinsam mit Anton Saefkow, nach der Zerschlagung der Berliner Widerstandgruppe um Robert Uhrig und John Sieg, ein neues Netz von illegalen Zellen in Berliner Großbetrieben aufbauen. Während die verhafteten Mitglieder der Bästlein-Jacobs-Abshagen Gruppe noch im Hamburger Untersuchungsgefängnis Fuhlsbüttel auf ihre Prozesse warteten, wurde die Stadt Ende Juli 1943 von schweren Luftangriffen getroffen, die zu einer weitgehenden Lähmung des öffentlichen Lebens führten. „Rund 256.000 Wohnungen, mehr als die Hälfte des Bestandes vor der Katastrophe, waren völlig zerstört, weitere 22.000 zeitweise unbewohnbar. Etwa 900.000 Hamburger und Hamburgerinnen besaßen kein Obdach mehr." (30) Die Wasser-, Gas und Stromzufuhr war nicht mehr gewährleistet und die Ernährungslage katastrophal. Zu diesem Zeitpunkt fällte der zuständige Hamburger Generalstaatsanwalt Dr. Erich Drescher eine folgenreiche Entscheidung und gewährte Anfang August 1943 ca. 2000 Häftlingen einen zweimonatigen Hafturlaub mit der Auflage sich nach dieser Zeit wieder einzufinden. Unter den Entlassenen befanden sich auch ca. 50 Mitglieder der Bästlein-Jacobs-Abshagen Gruppe. Ein Teil der in den Hafturlaub entlassenen Häftlinge beschloss, sich nicht an die Auflage zu halten und setzte seine Widerstandsarbeit im Untergrund fort. Nach einigen Monaten wurden die meisten aber wieder gefasst.
Im Frühjahr 1944 fanden die Hauptprozesse gegen die Widerstandsorganisation Bästlein – Jacobs – Abshagen statt. In den „Hamburger Kommunistenprozessen" wurde gegen 20 Angeklagte das Todesurteil (31) ausgesprochen. Viele andere wurden zu hohen Freiheitsstrafen verurteilt. (32) Insgesamt mussten ca. 70 Widerstandskämpfer ihr Leben lassen.
Ein kleiner Kreis von Widerstandskämpfern der Bästlein-Jacob-Abshagen Organisation setzte die illegale Tätigkeit bis zur Kapitulation des Deutschen Reiches 1945 fort.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges und dem Sturz der nationalsozialistischen Diktatur wurde die Arbeit der kommunistischen Widerstandskämpfer der Bästlein-Jacobs-Abshagen Gruppe mit einer Reihe von Ehrungen gewürdigt.
Im September 1946 wurden die Urnen von 27 hingerichteten Widerstandskämpfern im Hamburger Rathaus aufgebahrt. Darunter befanden sich auch die Urnen von Bernhard Bästlein, Franz Jacob und Heinz Priess. Am 8. September 1946 wurden diese im Ehrenhain Hamburger Widerstandskämpfer auf dem Ohlsdorfer Friedhof beigesetzt. Später folgten die Urnen von Robert Abshagen und 10 weiteren Angehörigen der Widerstandsgruppe.
Der Betriebsrat von Blohm & Voss ließ in den ersten Jahren nach Kriegsende eine Gedenktafel für die Hamburger Widerstandskämpfer anbringen.
Weiterhin erhielten im Laufe der Nachkriegsjahre einige Straßen die Namen von Mitgliedern der Widerstandsgruppe. So zum Beispiel die Hermann-Böse-Straße in Bremen und die Bernhard-Bästlein- und Franz-Jacob-Straße in Rostock.
(Die Autorin ist Historikerin und lebt in Hamburg)