Die Stadt Stettin (Szczecin) liegt im Nordwestens Polens und ist von Berlin aus mit dem Zug in etwa...
Der Umgang mit NS-Bunkern sorgte in Berlin immer wieder für politischen Zündstoff.
Seit 1945 hat sich die Fläche des bebauten Untergrundes in den industrialisierten Staaten vervielfacht. Die Unterwelt ist für die meisten Großstädter ein Teil ihres Alltags geworden, sie wird kaum noch bewusst zur Kenntnis genommen: Er fährt mit der U-Bahn, sie parkt den Wagen in der Tiefgarage und zusammen gehen sie dann in einer unterirdischen Ladenpassage einkaufen! Nur gelegentlich werden sie daran erinnert, dass der Untergrund doch noch etwas Besonderes ist: Wenn sie von geheimen unterirdischen Bunkern hören. Wenn in der Kanalisation Leichenteile gefunden werden. Wenn ein Brand in einem Autotunnel zahllose Opfer fordert. Wenn der Bösewicht in einem James Bond-Film sein Hauptquartier mal wieder unter der Erde angelegt hat. Und wenn ein Angehöriger oder Bekannter begraben wird
Für bestimmte Menschen hat der Untergrund auch jetzt noch eine außergewöhnliche Bedeutung: für die Wissenschaftler und die Tunnelgräber. In einem Zeitalter, in dem es auf der Landkarte schon lange mehr keine weißen Flecken gibt und fast jeder Quadratzentimeter dieser Erde von Satelliten photographiert und vermessen wurde, ist der Untergrund das letzte noch weitgehend unbekannte Terrain der Erde, das letzte Abenteuer, der letzte Ort, wo es noch etwas zu entdecken gibt. Die Tunnelbauer, die sich durch uralte Erdschichten und das Gestein des Untergrundes wühlen, können zu recht sagen, dass noch niemand vor ihnen dort unten war und dass es immer wieder Überraschungen gibt: ein riesiger Findling aus der Eiszeit. Eine Torflinse. Die Knochen eines Urpferdchens. Ein unterirdischer See. Ein interessanter archäologischer Fund. Oder ein vergessener Tunnel. Ebenso geht es den Wissenschaftlern, die davon träumen, ins Innerste der Erde vorzustoßen – was auf absehbare Zeit aufgrund der extremen Temperaturen, die dort herrschen, nicht machbar sein wird. Für sie ist der Untergrund eine große Verheißung. Wenn der Mensch in der Lage wäre, das heiße Erdinnere „anzuzapfen“, so argumentieren sie, könnten alle Energieprobleme der Zukunft gelöst sein. Außerdem hätte man dann eine schier endlosen Vorrat wertvoller Rohstoffe zur Verfügung. Darüber hinaus wäre das Erdinnere eine ideale, saubere Müllverbrennungsanlage. Der Untergrund als große Utopie! Ob sie jemals Wirklichkeit wird? Und wie ist es mit den unterirdischen Städten, die bereits geplant werden? Brave new world oder nur eine Flucht vor der voranschreitenden Zerstörung der Umwelt?
Für eine andere Gruppe von Menschen, die mit dem Untergrund zu tun hat, stellt sich die Frage nach Utopie oder Albtraum überhaupt nicht: Seit Ende der Achtziger haben sich vor allem in New York und in Bukarest, aber auch in anderen Städten Menschen in unterirdischen Tunneln, Depots und verlassenen Bahnhöfen angesiedelt. Dabei handelt es sich zumeist um soziale Randgruppen. Angesichts der Tatsache, dass Menschen normalerweise nur dann im Untergrund Zuflucht suchen, wenn sie sich an der Oberfläche partout nicht mehr behaupten können, ist diese Entwicklung ein unverkennbares Warnsignal. Es zeigt uns in aller Deutlichkeit das Versagen der sozialen Netzwerke an. Der Abbau des Sozialstaates, der aufgrund anhaltender hoher Arbeitslosigkeit und der demographischen Entwicklung in vielen industrialisierten Ländern wohl zunehmen wird, könnte in Zukunft noch mehr Menschen in den Untergrund treiben. Dabei drängt sich der Verdacht auf, dass unsere erfolgsorientierte Gesellschaft prinzipiell auch nichts dagegen hat, wenn die Verlierer dieses Rennens von den Straßen verschwinden, wenn sie wortwörtlich in den Untergrund verdrängt werden. Damit wären sie nicht das einzige unerwünschte Nebenprodukt der modernen industrialisierten Marktwirtschaft, das im Untergrund „entsorgt“ wird: Schon seit Jahrzehnten wird Giftmüll in vielen Ländern unterirdisch gelagert, vor allem in alten Bergwerken. Dazu gehören auch die verstrahlten Abfälle der Kernkraftwerke – politisch nach wie vor ein brisantes Thema. Lässt sich das Problem wirklich dadurch lösen, dass man diese hochgiftigen Substanzen in einigen Löchern verschwinden lässt? Oder entpuppt sich der Untergrund hier als ein Ort der Verdrängung?